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Ulrich Scholten besucht
Familien, die in finanzielle Engpässe geraten sind und
berichtet Schwester Judith Generaloberin der
Franziskanerschwestern in Borbeck, von den Problemen vor
Ort. Gemeinsam wird nach einer Lösung gesucht. |
„Wir helfen
mit unseren finanziellen Mitteln in Not geratenen Menschen. Unser
Ziel ist es neben der kurzfristigen Hilfe auch Lebenssituationen
dauerhaft zu verbessern. Sollten Sie sich in einer Notlage
befinden, so scheuen Sie sich nicht uns anzusprechen." - So begrüßen
die Franziskusschwestern der Quintinusstiftung die Besucher auf
ihrer Webseite. Wer in einer Notlage ist und nicht weiß, wie er
diese durchstehen soll, der ist bei den Ordensfrauen genau richtig.
„Um zu
verstehen, warum wir mit der Stiftung anderen Menschen helfen
wollen, muss man unserer 89-jährigen Ordensgeschichte kennen",
erklärt Schwester Benigna, die Initiatorin der Quintinusstiftung.
Der Stiftungsname erinnert an den Ordensgründer und Franziskanerparter
Quintinus, der 1919 die Idee hatte, Familien zu helfen.
Damals hat er
einige Frauen gefragt, ob sie nicht am Wochenende Zeit hätten. vor
Ort in den Familien mit anzupacken. Schnell hatte sich eine Gruppe
junger Frauen gefunden. Die Frauen wollten in einem
'Franziskanischen Rahmen leben und arbeiten, so wurde aus dem losen
Verbund der Orden der Franziskusschwestern in Borbeck.
„Von unserem
Mutterhaus gingen die Schwestern in die Welt hinaus um den Familien
zu helfen", erklärt Schwester Judith, Generaloberin der Borbecker
Franziskusschwestern. Das war für die damalige Zeit eine
ungewöhnliche Aufgabe, denn die Schwestern waren oft von morgens bis
abends unterwegs. Soviel Offenheit und Öffentlichkeit war nicht von
allen Kirchenoberen gerne gesehen. Doch das war für die Schwestern
kein Grund, sich von ihrer Arbeit abbringen zu lassen. „Die
Schwestern waren damals sehr präsent. Sie haben sehr viel aus dem
Leben der Familien mitbekommen. Sie wussten was vor den Klostertüren
los ist. Viele Dinge wurden an sie heran getragen", fährt Schwester
Judith fort.
Was mit dem
Mutterhaus und wenigen Schwestern begann, wurde schnell größer, so
groß, dass es über die Jahre insgesamt 57 Niederlassungen gab. Heute
sind noch fünf Konvente übrig: ,,Der Nachwuchs steht nun mal nicht
Busweise vor der Tür. Deswegen haben wir Partner gesucht, die die
Einrichtungen
in unserem Sinne weiterführen. Auch wenn wir viele Niederlassungen
nicht mehr selbst führen, so legen unsere Partner Wert darauf, dass
wir dort mithelfen und sichtbar sind", verdeutlicht die
Generaloberin.
Auch wer
arbeitet, kann in Not geraten
Doch so wie
sich das Wirken der Franziskusschwestern in den Jahren den
Gegebenheiten anpassen musste, so ist auch die Not der Menschen
heutzutage oft eine andere als früher: „In der heutigen Zeit sind
die Probleme fast überwiegend finanzieller Natur. Vielen fehlt das
nötige Geld, um ihr Leben zu bewältigen“ m eint Schwester Benigna,
Vorsitzende des Stiftungsvorstands.
Die logische
Konsequenz war für die Ordensfrauen die Gründung der
Quintinusstiftung, die seit Dezember 2004 ihre Antwort auf die
Probleme der heutigen Zeit ist. “Wir haben den Bogen weit gespannt:
Wir helfen nicht nur Familien, sondern auch Jugendlichen,
Alleinerziehenden und auch Senioren. U nser Einzugsgebiet begrenzt
sich jedoch auf den Umkreis unserer Häuser", fährt die Ordensfrau
fort.
„Unser Prinzip
ist es, durch Betreuung die Not der Menschen dauerhaft zu verbessern
und finanziellen Engpässen auf unterschiedliche Arten und Weisen zu
begegnen", so Schwester Judith. Diese Not fängt manchmal ganz
lapidar an:“Unvorhergesehenes passiert: Die Waschmaschine geht
kaputt, eins der Kinder benötigt eine Brille, das Auto verrichtet
seinen Dienst nicht mehr, doch das Geld ist knapp. Wir reden
hier nicht überwiegend von Hartz-IV-Empfängern, sondern auch von
denen, die gut im Brot sind. Selbst wer arbeitet ist oftmals nicht
auf solche Ereignisse vorbereitet. „Wir helfen den Menschen dabei,
unkompliziert an finanzielle Mittel zu kommen", bekräftigt Ulrich
Scholten, der für die Stiftung in Not geratene Familien zu Hause
besucht.
Schwester
Benigna hatte die Idee eine Stiftung zu gründen |
Die
Betroffenen können sich mit ihren Sorgen telefonisch, per E-Mail
oder persönlich an die Franziskusschwestern wenden: „Auch in Borbeck
gibt's viel zu tun. Es gehört viel dazu, die Courage zu haben, sich
mit seinen Nöten zu offenbaren", so Benigna. „Viele geraten in
Schwierigkeiten, weil sie überschwänglich gelebt haben. Der
Kreislauf der Verschuldung beginnt und oft kann ein größeres
finanzielles Problem nicht mehr bewältigt werden", so Scholten.
Wer sich an
die Quintinusstiftung wendet hat aber nicht nach ein paar Tagen
schwarze Zahlen auf dem Konto. Geld zu verschenken haben auch die
Ordensschwestern nicht: „Wir zeigen den Menschen eine Weg, wie sie
aus dem Dilemma wieder raus kommen. Sie müssen verstehen, dass sie
überschuldet sind und ihr überschwängliches Leben nicht so
weiterführen können. Wenn möglich suchen wir gemeinsam nach
Rückzahlungsmöglichkeiten. Ansonsten begleiten wir sie auch auf dem
Weg in die Privatinsolvenz", meint Schwester Benigna. Die Stiftung
tilgt zwar nicht die Schulen, hilft aber in manchen Fällen durch das
Vorstrecken des Kapitals: „Wer bei seiner Bank keinen Kredit mehr
bekommt, dem können wir trotzdem helfen. Wir haben ein Abkommen mit
einer kirchlichen Bank geschlossen die ohne in die Schufa zu gucken
einen Kredit gewähren kann. Da hilft Kirche Kirche. Der Kredit muss
natürlich zurückgezahlt werden", erklärt Scholten.
Auch junge
Menschen geraten immer öfter in finanzielle Schieflagen: “Die
Problematik haben mittlerweile auch viele Junge Menschen. Sie
schließen Verträge ab und kommen oft aus ihren Verpflichtungen nicht
mehr raus", so die Generaloberin. D och wer nicht willig ist, an
seinen Problemen zu arbeiten, der ist auch bei den Schwestern
falsch:“Jegliches Engagement endet, wenn das Agreement gebrochen
wird. Wer willig ist. sein Leben in den Griff zu bekommen, für den
gibt's jede Hilfe von uns. Wir fördern und fordern", unterstreicht
Ulrich Scholten.
Anonymität und
Diskretion sind in jedem Fall gegeben: “Schließlich ist ja nicht
jeder, der durch unsere Türen rein und raus geht ein Quintinusfrager",
so Schwester Benigna. Wem geholfen werden kann und wie geholfen
wird, darüber entscheiden die Schwestern. Unterstützt werden sie von
einem Wirtschaftsprüfer, einem Banker, einem Verwaltungsleiter und
den Sozialarbeitern vor Ort. „Es gibt eine Menge Kompetenz im
Hintergrund. Eigentlich sind die Schwestern ja selbst
Finanzexpertinnen, denn wer fast 90lahre ein solches Haus führen
kann, der ist kompetent und kann finanzielle Tipps geben“, sagt
Scholten.
Auch für in
Notgeratene Ordensleute hat die Stiftung ein offenes Ohr: “Es gibt
auch im kirchlichen Bereich Mitschwestern und Mitbrüder, die Hilfe
für ihren Orden benötigen. Sie können sich in ihrer Not an uns
wenden“, meint Schwester Benigna. Über das Stiftungsvermögen redet
man aber nicht. Nur so viel sei gesagt:“ ,Bisher mussten wir aus
finanziellen Gründen noch keinen Antrag ablehnen."
Infos zur
Stiftung gibt's unter Telefon 86 90 70 oder unter:
www.quintinusstiftungde. Hes
Die
Franziskusschwestern sind mittendrin statt nur dabei. Sie
wissen, welche Sorgen und Nöte Familien beschäftigen und
packen selbst mit an. |
Die Schwestern
im Franziskushaus an der Laarmannstraße haben ein offenes
Ohr. |
Aufnahmen: Hesse |
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